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Pride im Beruf: Unterstützung und Schutz vor Diskriminierung

Episode Summary

Wir beschäftigen uns in dieser Folge mit den Rechten von Menschen aus der LGBTIQIA+-Community am Arbeitsmarkt. Im 1. Beitrag erklärt Sandra Konstatzky, die Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft, wie sie und ihre KollegInnen Menschen unterstützen, die u.a. wegen ihrer sexuellen Orientierung/bzw. Geschlechtsidentität diskriminiert werden. Im 2. Beitrag sind wir beim Verein Sprungbrett in Wien. Lin Jannach ist in der pädagogischen Leitung vom Sprungbrett Ausbildungsfit. Lin ist non-binär und erzählt, wie beim Sprungbrett über Geschlechtsidentität gesprochen wird, was so ein sicherer Ort für Jugendliche bedeutet und wie sie auf die Arbeitswelt vorbereitet werden.

Episode Notes

Wir beschäftigen uns in dieser Folge mit den Rechten von Menschen aus der LGBTIQ-Community am Arbeitsmarkt.  LGBTQUIA+: Dieser Begriff kommt aus dem Englischen und steht für: Lesbian, Gay, Bisexual, Transsaxual/Trensgender, Queer, Intersexual und Asexual . Das Plus inkludiert weitere Identitäten, wie zum Beispiel non-binär oder genderfluid.

 

Im 1. Beitrag erklärt Sandra Konstatzky, die Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft, wie sie und ihre KollegInnen Menschen unterstützen, die u.a. wegen ihrer sexuellen Orientierung/bzw. Geschlechtsidentität diskriminiert werden. Die  Gleichbehandlungsanwaltschaft ist kostenfrei und berät vertraulich. Stellt dieser oder jener Vorfall eine Diskriminierung dar? Was könnte man rechtlich machen? Welche Ansprüche stehen mir zu? Was ist eine Schlichtung? All diese Fragen können in den Beratungen zur Sprache kommen. 

Themen, die besprochen werden: 

 

Die Website der Gleichbehandlungsanwaltschaft: gleichbehandlungsanwaltschaft.gv.at.

Auf Instagram: wege_zur_gleichbehandlung
 

Im 2. Beitrag sind wir beim Verein Sprungbrett in Wien. Lin Jannach ist in der pädagogischen Leitung von Sprungbrett Ausbildungsfit. Lin ist non-binär und erzählt, wie beim Sprungbrett über Geschlechtsidentität gesprochen wird, was so ein sicherer Ort für Jugendliche bedeutet und wie sie auf die Arbeitswelt vorbereitet werden. 

Themen, die besprochen werden: 

 

Verein Sprungbrett: Sprungbrett für Mädchen* und junge Frauen* Beratungsstelle Wien 

Dachverband für berufliche Inklusion: www.dabei-austria.at

 

Foto: ALT-TEXT: Eine Menschenmenge nimmt an einer Pride-Parade teil, während sie bunte Regenbogenfahnen schwenken. Die Teilnehmer tragen regenbogenfarbene Kleidung und Accessoires. Im Hintergrund sind historische Gebäude und ein blauer Himmel mit einigen Wolken zu sehen. Die Szene strahlt Freude und Zusammenhalt aus, während die Menschen für die Rechte und die Sichtbarkeit der LGBTIQIA+-Community demonstrieren. 

Copyright: adobestock 

Episode Transcription

Sandra Knopp: Herzlich Willkommen, sagt Sandra Knopp. In unserem Podcast geht es um Menschen, die berufliche Perspektiven suchen und jene, die sie dabei unterstützen. Wir beschäftigen uns in dieser Folge mit den Rechten von Menschen aus der LGBTIQ-Community am Arbeitsmarkt. Vor 55 Jahren, im Juni 1969, brachte ein Aufstand in New York City die strukturelle Diskriminierung der LGBTIQIA-Community ins öffentliche Bewusstsein: Im Stonewall Inn, an der Christopher Street, führte die Polizei damals eine Razzia durch. Die Gäste setzten sich zur Wehr, was zu einem mehrtägigen Aufstand führte – dem Beginn des Kampfes um die Rechte und die Gleichstellung von Menschen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung beziehungsweise Geschlechtsidentität. Im Juni, dem Pride Month, wehen an vielen Gebäuden Regenbogenfahnen, die an die Ereignisse in New York erinnern und die Vielfalt feiern. Darüber hinaus finden weltweit Paraden, Sportveranstaltungen und kulturelle Events statt, die die Errungenschaften der Bewegung würdigen und auf Herausforderungen aufmerksam machen.

Sandra Knopp:  Im ersten Beitrag geht es darum, was Menschen tun können, die sich diskriminiert fühlen. Das führt uns zur Gleichbehandlungsanwaltschaft im zweiten Wiener Gemeindebezirk. Sandra Konstatzky leitet seit 2018 die Gleichbehandlungsanwaltschaft. 

Sandra Konstatzky: Das Wichtigste ist, dass wir kostenfrei und vertraulich beraten. Das heißt, Menschen können sich mit ihren Fällen an uns wenden und bekommen eine umfassende Beratung. Ist das rechtlich eingeordnet? Was könnte man jetzt rechtlich machen? Welche Ansprüche stehen mir zu? Wir können dann, wenn die Person das will und das ist ganz wichtig, dass wir nichts nach außen tragen und auch keine Handlungen gesetzt werden, die nicht ganz klar mit der Person, die es betrifft, abgesprochen sind und die die Person will. Wenn die Person das möchte, dann können wir an die Stelle, die diskriminiert hat, die verantwortlich ist, die Diskriminierung zu beenden - das sind meistens Arbeitgeber:innen, können aber natürlich auch Dienstleistungsanbieter, die wir dann anschreiben und sie mit dem Sachverhalt, der uns vorgebracht wurde, konfrontieren. 

Knopp:  Grundsätzlich beschreibt eine Diskriminierung eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung, die zu einer Benachteiligung führt. Menschen können sich wegen Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters sowie der sexuellen Orientierung an die Gleichbehandlungsanwaltschaft wenden. 2023 hat die unabhängige staatliche Einrichtung in fast 5.000 Fällen informiert, beraten und unterstützt. 

Konstatzky:  Es ist nach wie vor so, dass das Thema Geschlecht dasjenige ist, wo die Menschen am meisten bei uns andocken. Das hängt aber vor allem auch damit zusammen, dass natürlich das Thema Geschlecht am meisten bekannt ist und hier sehr viele Menschen Bescheid wissen, dass es uns gibt. Wir ziehen dann nach mit dem Thema Rassismus. Und an dritter Stelle kommt das Thema Alter. Danach - leider sehr abgeschlagen - das Thema sexuelle Orientierung. Hier merken wir oft, dass es wahrscheinlich ein massives Under-Reporting gibt. Das heißt, dass zwar viele Menschen zwar betroffen sind, aber den Weg nicht unbedingt zu uns finden.

Knopp:  Woran liegt das? 

Konstatzky:  Also ich denke, auf der einen Seite haben wir gerade bei sexueller Orientierung viele offene Fragen. Es ist zum Beispiel so, dass wir bei Geschlecht und Rassismus einen sehr breiten Diskriminierungsschutz über das Arbeitsleben hinaus haben, aber leider bei sexueller Orientierung, zum Beispiel beim Zugang zu Wohnungen, Lokalbesuchen, bei Freizeitveranstaltungen leider kein Diskriminierungsschutz besteht. Das wissen viele aus der Community auch, weil diese Rechtsschutzlücken immer wieder politisiert werden. Gerade jetzt vor dem Pride Monat - auch von unserer Seite - seit Jahren immer wieder sehr kritisiert wird, dass es hier an Diskriminierungsschutz fehlt. Was wir aber gemacht haben und das ist auch in den Communitys gut angekommen ist die Möglichkeit zur Dokumentation auf unserer Website einzurichten. Und wir haben jetzt für den neuen Bericht, der ist noch nicht fertig, aber wir haben schon gesehen, dass die Dokumentationen wirklich massiv angestiegen sind. 

Knopp: Musterformulare finden sich auf der Website der Gleichbehandlungsanwaltschaft: gleichbehandlungsanwaltschaft.gv.at. Wer sich diskriminiert fühlt, sollte sich Notizen machen, in welcher Situation und in welcher Häufigkeit, die Ungleichbehandlung passiert ist. Und sich auch überlegen, ob es Menschen gibt, die das bestätigen können. In Bezug auf sexuelle Orientierung und Arbeitsverhältnis hat Konstatzky folgende Beobachtung gemacht. 

Konstatzky: Die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung setzt natürlich voraus, dass ich mich oute. Viele Menschen wollen das nicht und merken einfach, dass sie zwar in der Arbeitswelt so was wie Feindlichkeit wahrnehmen, aber sich outen müssten und das vielleicht nicht wollen. Daher gibt es, glaube ich, große Vorbehalte, sich bei Diskriminierung an uns zu wenden. 

 Knopp:  Die meisten Anfragen gibt in diesem Bereich zu Beginn oder bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, etwa, wenn jemand einen Job nicht bekommt, weil er sich als homosexuell oder nonbinär bezeichnet. Oder, wenn, wie in einem Musterfall auf der Website der Gleichbehandlungsanwaltschaft, die Chefin erfährt, dass ihre Mitarbeiterin bisexuell ist und von da an deren Arbeitsleistung kritisiert. Weil diese Mitarbeiterin – Zitat Anfang– „eben nicht normal“ sei – Zitat Ende. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft stellte fest, dass das klar diskriminierend war. Letztendlich wollte die Betroffene, aber keine weiteren Schritte setzen. Jeder Fall wird bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft dokumentiert und zeigt auf, in welchen Bereichen es zu Vorfällen kommt und was zum Schutz getan werden müsste. Generell gilt: Der Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht, betont die Juristin. 

Konstatzky:  Das heißt, dass der Arbeitgeber, die Arbeitgeberin klar Menschen schützen muss vor weiteren Übergriffen. Das ist das, was die Leute bei Belästigungen wollen, nämlich dass es aufhört und dass sie diskriminierungsfrei arbeiten können. Es gibt eben so was wie Gleichbehandlungsstellen. Dazu gehören wir Gleichbehandlungsanwaltschaft, die kostenlos Menschen unterstützen, wenn sie diskriminiert worden sind und beraten. Viele Menschen kommen zu einer vertraulichen Beratung zu uns, weil sie selbst handeln wollen, gerade auch in aufrechten Dienstverhältnissen. Aber wir können natürlich auch intervenieren. Wir können den Arbeitgeber auffordern, eine diskriminierungsfreie Arbeitswelt zu schaffen. Wir können Menschen auch vor der Gleichbehandlungskommission vertreten, wenn die Diskriminierung weiterhin fortgesetzt wird. Und dann dort auch eine Feststellung zu bekommen, ob Diskriminierung passiert ist oder nicht. Auf dieser Grundlage, kann man immer wieder versuchen, Vergleiche zu schließen, gütliche Lösungen abzuschließen oder eben auch Schadenersatz zu bekommen.

 Knopp:  Die Gleichbehandlungsanwaltschaft ist neben der Beratung und Vertretung von Betroffenen auch im Bereich der Prävention tätig. 

Konstatzky: Das heißt, dass wir Unternehmen sensibilisieren und ihnen das Gesetz näherbringen, aber darüber informieren, den Arbeitsplatz inklusiv zu gestalten. Das bringt natürlich viel, weil wir sagen, diese vielen Einzelfälle, die wir haben, die müssen auch im Sinne einer Verbesserung und Veränderung genutzt werden. Das heißt, für uns ist ganz wichtig: Je mehr Fallmaterial wir aus der Vergangenheit - hoffentlich irgendwann einmal haben - , desto mehr können wir den Unternehmen zeigen, wie diese Sachen passieren, was sie machen müssen und wie sie richtig handeln.

Sandra:  Führungskräfte müssten sensibilisiert werden, was zu diskriminierendem Verhalten dazugehört. 

Konstatzky: Für dieses Wissen sind wir zuständig. Und diese präventive Arbeit soll natürlich zum Ziel haben, dass die Fälle weniger werden, letztlich und dass nicht nur, wenn was passiert, was gemacht wird, sondern dass Unternehmen sich grundsätzlich auch überlegen: Ja, wie lade ich denn Menschen ein, bei mir zu arbeiten?

Sandra:  Beschäftigte, die sich im Unternehmen willkommen fühlen, so wie sie sind, können sich mehr auf ihre Arbeitsleistung konzentrieren. Sie müssen keinen Teil ihrer Persönlichkeit verstecken. Wenn es aber doch zu einem Unwohlsein kommt, muss gehandelt werden. 

Konstzky: Das beste Unternehmen kann nicht garantieren, dass es ein totaler Safe Space sein kann. Aber wichtigste Punkt ist: Wie gehe ich denn im Falle eines Vorfalls auch wirklich um? Und wer fühlt sich dann dafür verantwortlich? Es muss klar sein, dass sich die ganze Führungsebene dafür verantwortlich fühlt!

Sandra:  Einige Betroffene fühlen sich machtlos und haben das Gefühl die Diskriminierung nicht beweisen zu können. Im Fall von versteckter Diskriminierung hat Sandra Konstatzky folgende Botschaft: 

Konstatzky:  Bei den versteckten Diskriminierungen denke ich, dass wir einen sehr breiten Blick haben und wir haben, und das muss ich auch noch dazu sagen, auch Auskunftsrechte. Das heißt, wir können auch nachfragen, warum die Person nicht genommen wurde. Wir können Unterlagen anfordern, zum Beispiel bei Equal Pay Fällen, bei Fällen zu gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Hier ist es ganz wichtig, dass wir Ermittlungsrechte haben. Da könnte die Einzelperson gar nicht draufkommen, warum sie diskriminiert wird. Also das heißt, wir haben sehr viele Möglichkeiten und es ist wirklich ganz wichtig, es uns beurteilen zu lassen und sich an uns zu wenden. Wie gesagt, ist vertraulich und kostenlos. Also so gesehen nix verhakt, wenn man das tut.

Knopp:  Manche Fälle landen bei der Gleichbehandlungskommission, die prüft, ob eine Diskriminierung nach dem Gleichbehandlungsgesetz erfolgt ist. Diese Verfahren sind kostenfrei und nicht öffentlich. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft ist keine rechtliche Vertretung, kann sich aber zu Wort melden. Das Resultat kann eine Schlichtung sein, oder eine schriftliche Feststellung, ob diskriminiert wurde oder nicht. Das ist kein Urteil, wie vor Gericht, kann aber Auskunft über die Chancen bei einem allfälligen Prozesses geben. Bei Vergleichen mit den Arbeitgebern oder Dienstleistern kann das Resultat ein Schadenersatz sein oder die Dienstleistung, die man nicht bekommen hat, und in manchen Fällen wünschen sich die Betroffenen einfach eine Entschuldigung. 

Konstatzky: Ich hab's jetzt nur vom letzten Bericht im Kopf, da hatten wir 70 %, haben wir Vergleich erzielt. Das ist eine sehr hohe Quote an sich. Aber ich will nicht bestreiten, dass es auch immer wieder dazu kommt, dass natürlich Menschen nicht das bekommen, was sie wollen. Was aber, glaube ich, gut ist, ist das, wenn man mit uns einen Fall angeht, dass wir sehr genau abschätzen können oder jedenfalls relativ genau abschätzen können, welche Möglichkeiten da sind, wie die Beweislage ist, wie die Glaubwürdigkeit einzuschätzen ist - im Hinblick auf habe ich mir meine eigene Aussage, habe ich andere Zeugen, Zeuginnen. Also wir haben einfach sehr Beratungserfahrung, sehr viel Fallerfahrung. Das heißt, wir können natürlich jetzt recht gut einschätzen, wie der Fall ausgehen könnte. Das hilft natürlich auch sehr bei der Rechtsdurchsetzung.

Knopp: Alle zwei Jahre bekommt der Nationalrat von der Gleichbehandlungsanwaltschaft einen Bericht vorgelegt, in dem ersichtlich wird, in welchen Bereichen es zu Diskriminierungen kommt, was sich verändert hat und wo es Handlungsbedarf gibt. 2004, also vor 20 Jahren, wurden die Diskriminierungsgründe um ethische Herkunft, Religion, Weltanschauung und sexuelle Orientierung erweitert. 

Konstatzky: Wir haben insofern eine große Entwicklung, weil unsere Anfragen jedes Jahr steigen. Wir sind nie zurückgerutscht, auch nicht in Corona Zeiten. Im Gegenteil. Gerade in Corona Zeiten hat man eigentlich gesehen, dass die Menschen extrem Stellen brauchen, die sie unterstützen, wenn sie sich nicht auskennen, wenn sie nicht wissen, ob Diskriminierung passiert ist oder nicht. Wir behandeln nicht nur Anfragen, wo wir ganz sicher zuständig sind, sondern viele Menschen wenden sich an uns, weil sie ein Gefühl der Diskriminierung haben. Und das ist auch gut so, weil wir das mit den Personen dann einordnen können. Dann kann man rechtlich bekämpfen. Wo gibt es vielleicht noch weitere Unterstützungsmöglichkeiten? Brauche ich vielleicht eine NGO? Möchte ich vielleicht andere Unterstützungsmöglichkeiten haben?

Knopp: Kritisch sehen Sandra Konstatzky und ihr Team, dass Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung nur in der Arbeitswelt geahndet werden kann. Dennoch müsse eines klar benannt werden: 

Konstatzky:  Geschlechterdiskriminierung ist ja überall geschützt. Und die Frage zum Beispiel meiner Geschlechteridentität, die glaube ich, in der LGBTIQura plus Community zusammenfällt mit sexueller Orientierung, Geschlechtsidentitäten – bin ich diskriminiert als nicht binäre Person oder als Transfrau? Diese Themen gelten zum Beispiel im Gleichbehandlungsgesetz als Geschlechterdiskriminierung. Das heißt, alles, was meine Geschlechtsidentität betrifft, bietet mir das Gesetz einen höheren Schutz, als wenn es „nur“ sozusagen die sexuelle Orientierung ist. Das hat historische Gründe. Wir finden es nicht gut, dass es diese Teilung gibt. Aber man muss auf jeden Fall sagen, dass wenn ich aufgrund der Geschlechtsidentität diskriminiert werde, also zum Beispiel als nicht binäre Person in einem Lokal diskriminiert werde, als Transfrau bei der Wohnungssuche diskriminiert werde. Dann habe ich die Möglichkeit, mich auch aufs Gleichbehandlungsgesetz berufen. Und weil es so kompliziert und verwirrend ist, ist immer die erste wichtige Botschaft an alle, die nicht sicher sind, ob sie jetzt diskriminiert wurden oder nicht. Also Sie sind wahrscheinlich sicher, dass sie diskriminiert werden oder ob man sich wehren kann oder nicht, dass sie sich unbedingt an uns wenden und das mal von uns einordnen lassen können. Es ist nicht so leicht, wie es scheint und es gibt vielleicht mehr Rechte, als man glaubt.

 Knopp:  Folgende Verbesserungen im Diskriminierungsschutz hält die Juristin für notwendig: 

Konstatzky: Wir brauchen einen umfassenden Diskriminierungsschutz in allen Lebensbereichen. Wir haben bei sexueller Orientierung noch Rechtsschutz-Lücken, die nicht legitim sind und nicht mehr passend sind. Ich kann nicht eine Person aufgrund ihrer sexuellen Orientierung davon ausschließen, eine Wohnung mieten zu lassen. Das geht einfach nicht. Das muss jetzt endlich mal passieren, dass der Diskriminierungsschutz erweitert wird, auf alle Lebensbereiche, wie es zum Beispiel in Bezug auf ethnische Zugehörigkeit oder Geschlecht schon gilt.

Sandra Knopp:  Das Gespräch mit Sandra Konstatzky, der Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft führte mein Kollege Udo Seelhofer. Daraus habe ich den Beitrag gestaltet. Weitere Informationen zur Gleichbehandlungsanwaltschaft stehen in den Shownotes. Auf Instagram ist die Gleichbehandlungsanwaltschaft unter dem Namen wege_zur_gleichbehandlung zu finden. 

Im Mai 2024 wurden die Ergebnisse einer Befragung von 100.000 Menschen aus den 27 EU-Mitgliedsstaaten sowie drei weiteren europäischen Ländern veröffentlicht. Über die Hälfte der Befragten gab an, grundsätzlich offen mit ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität umzugehen. Dennoch äußerten viele Bedenken, aus Angst vor Übergriffen auf der Straße Händchen zu halten. Das Mobbing, insbesondere in Schulen, hat im Vergleich zu 2019 erheblich zugenommen, und auch die Gewalt hat sich negativ entwickelt. Daher ist es umso wichtiger, dass es sichere Räume gibt, in denen Jugendliche ihre Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung offen leben können. Ein solcher Ort ist der Verein Sprungbrett in Wien, ein Mitglied von dabei-austria.

Lin* Jannach: Hallo mein Name ist Lin Jannach, ich bin pädagogische Leitung vom Projekt Ausbildungsfit-Sprungbrett. Die Arbeit ist so vielfältig. Jede Person, die zu uns ins Projekt kommt, hat eine unterschiedliche Geschichte und gestaltet den Raum mit. Und wir lernen ganz viel von den Jugendlichen, von ihren Geschichten, von ihren Erfahrungen.

Knopp:   Ich treffe Lin Jannach an einem Mittwoch-Nachmittag im Mai im Verein Sprungbrett im 15. Wiener Gemeindebezirk. Lin hat Genderstudies und internationale Entwicklung in Wien studiert und in mehreren Organisationen in der Beratung gearbeitet. Seit 2018 ist Lin beim Sprungbrett beschäftigt – erst als Coach im Sprungbrett-Ausbildungsfit -  seit einem Jahr in der pädagogischen Leitung des Projekts. 

Jannach: Am meisten Spaß macht mir wirklich Teil von diesem feministischen Verein zu sein. Ich wollte immer schon im Sprungbrett arbeiten. Ich habe das Gefühl, dass diese Arbeitsweise und der Umgang miteinander, dieses kämpferische Ich komme aus einem politischen Aktivismus und hier kann ich es jetzt in der Arbeit irgendwie auch in einer Struktur umsetzen. Und das ist für mich das Schöne dran, dass man wirklich auch Prozesse mitgestalten kann, Prozesse begleiten kann und dann einfach diese feministische Arbeit im Zentrum steht.

Knopp:   Insgesamt gibt es eine Vor- und drei Hauptmodulgruppen mit 50 Plätzen. Gefördert wird Ausbildungsfit als Teil der NEBA-Maßnahmen vom Sozialministeriumservice.Das Coaching von jungen Menschen gehört für Lin weiterhin zum Berufsalltag. 

Jannach:  Ich war früher im Ausbildungsfit-Hauptmodul, jetzt bin ich im Vormodul. Die Coachingarbeit ist natürlich geringer geworden, aber ich arbeite immer noch an der Fallführung, also an der Begleitung von einzelnen Jugendlichen. 

Knopp:  Das ist wichtig, damit man dranbleibt, damit man bei den Jugendlichen bleibt und weiß, wie ihre Welt aussieht. Oder?

Jannach: Ich mag die Basisarbeit so gerne! Sie macht mir wirklich Spaß macht und ich will den Bezug zu den Jugendlichen nicht verlieren. Deshalb habe ich diese Doppelrolle, die manchmal auch herausfordernd ist. 

 Knopp:  Wie ist dein Zugang auch zu den Jugendlichen? Wie macht man denen Lust, dass sie öfters herkommen, dass sie Vertrauen fassen? 

Jannach: Also ganz viel passiert einfach über das Erstgespräch. Über das Erstgespräch kann man viel Vertrauen aufbauen. Wenn man die Jugendlichen mal fürs Projekt gewonnen hat, ergibt sich das meistens von selbst. Die Jugendlichen wissen, wie wir miteinander umgehen und kennen diesen wertschätzenden Umgang, dieses Gruppengefühl. Viele lernen wieder gruppenfähig zu werden. Viele sind länger zu Hause gesessen oder haben schlechte Erfahrungen gemacht. Das Besondere an unserer Zielgruppe ist, dass wir cis-männliche Personen ausschließen. Also das heißt, Jugendliche kommen mit gewissen Themen und hier versuchen wir, den Ort zu gestalten, dass sie sich wieder wohlfühlen, wieder mehr Stärke bekommen, wieder akzeptiert werden, genauso wie sie sind und dass sie einfach positive Erfahrungen machen. Und dann bleiben die meisten. Manche schaffen es nicht, was auch okay ist, weil ein Psychiatrieaufenthalt oder sowas dazwischen sein muss. Die kommen dann wieder oder manchmal verliert man sie, aber das gehört auch dazu. 

Knopp:  Wer ist eure Zielgruppe? 

Jannach: Also die Jugendlichen kommen zu uns nach Beendigung der Schulpflicht – von 15 bis 21, unter bestimmten Voraussetzungen bis 25. Zwischen 15 und 18 ist das Durchschnittsalter in dem Jugendliche zu uns kommen. Das sind zum Beispiel Schulabbrecher:innen, Menschen, die Lehre abgebrochen haben, länger aus einer Tagesstruktur raus sind, die eine psychisch herausfordernde Zeit hinter sich haben, schwere Geschichten haben. Wir arbeiten auch mit Vereinen zusammen. Zum Beispiel kommen immer wieder Jugendliche aus Frauenhäusern zu uns oder aus anderen Organisationen, Jugendlichen, die von Gewalt betroffen sind, die sie dezidiert zu uns schicken zum Beispiel. 

Knopp:  Cis-Männer bedeutet, dass sich ein Mann mit dem ihm zugeschriebenen Geschlecht identifiziert. Die Abkürzung LGBTIQ steht für Lesbians, Gays, Bisexusuals, Transgender, Intersex und Queers. Vielleicht ist im Beitrag schon angeklungen, dass ich in der Vorstellung von Lin Jannach keine Pronomen verwendet habe. Das hat einen Grund: Lin bezeichnet sich als non-binär. 

Jannach: Ich versuche es immer ganz einfach zu erklären. Unsere ganze Gesellschaft ist auf zwei Geschlechter aufgebaut. Männlich und weiblich. Das fängt an bei der Toilette. Ich muss mich entscheiden. Bin ich männlich oder weiblich? Binär ist die Gesellschaftsstruktur Mann, Frau - nicht binär heißt: Ich passe in dieses System nicht rein. Ich bin weder Mann noch Frau. Es ist ein großes Spektrum und kann verschieden ausschauen. Es kann sein, dass man sich auch zum Teil mit diesem Geschlecht, das man bei der Geburt zugewiesen bekommen hat, nicht wohlfühlt.

Knopp:   Non-binär – dieser Ausdruck ist nach dem Song-Contest 2024 in Schweden mehr Menschen ein Begriff. Nemo hat mit dem Song „The Code“ für die Schweiz gewonnen und bezeichnet sich als non-binär. Lin verbindet mit „non-binär“ folgende Begebenheit: 

Jannach: Es ist eine super spannende Geschichte. Ich will es echt erzählen, weil sie zeigt, wie ich von Jugendlichen lerne. Also ich habe sieben Jahre lang die queere Jugendgruppe in der türkis rosa lila Villa geleitet und habe dort über die Jugendlichen und das ist echt schon lange her – vor zehn oder fünfzehn Jahre - habe ich zum Ersten Mal den Begriff nicht binär oder non binary gehört. Die Jugendlichen über Social Media haben es von Amerika irgendwie mitbekommen. Sie haben sich selbst als non binary bezeichnet. Den Begriff habe ich davor nicht gekannt und jetzt ist er schon ein bisschen mehr in der Mitte von der Gesellschaft angekommen. Damals habe ich gedacht Wow! Es gibt jetzt endlich einen Begriff für das, wie ich mich schon immer gefühlt habe. Ich bin jetzt 41 und ich habe mich immer mit meinem weiblichen Geschlecht einfach nicht 100 % wohlgefühlt. Ich habe mich nicht als Frau gefühlt, ich habe mich aber nie als Mann gefühlt und ich wollte auch nie trans männlich sein. Jetzt gibt es diesen Begriff, der zu mir passt und mit dem ich mich einfach sehr wohl fühle. 

Knopp:   Das fragen sich jetzt viele Menschen. Wie funktioniert das mit der Ansprache zum Beispiel? Wie willst du gerne angeschrieben werden bzw wie willst du gerne angesprochen werden? Weil in der Email steht nämlich ausdrücklich drin keine Pronomen. 

Jannach:  Das ist wirklich eine schwierige Herausforderung für mich und für alle anderen auch, weil zum Beispiel im Englischen wäre es so einfach mit them/they. Im Deutschen ist es viel schwieriger. Da gibt es halt eine große Bandbreite an Pronomen. Ich habe mich aber mit vielen nicht wohlgefühlt und deshalb ist für mich die einfache Lösung, jetzt im Moment, keine Pronomen zu verwenden: Dass man einfach den Vornamen immer anspricht, also zum Beispiel Lin. Ich find es manchmal holprig, im Deutschen schwierig, aber trotzdem das Pronomen - sie - würde nicht passen zu mir. 

Im Schreiben ist es auch innerhalb des Sprungbretts immer wieder eine große Auseinandersetzung. In der Vergangenheit, wenn man geschrieben hat: „ Liebe Frauen“, da fühlen sich nicht alle wohl, weil ich würde mich nicht als Frau bezeichnen. Und dann gibt es verschiedene Möglichkeiten, dass man neutralere Formulierungen verwendet, zum Beispiel die Teilnehmenden oder die Studierenden oder das Umschreiben von Sachen, Personen. Dass man achtsam in der Sprache ist. Beim Schreiben hat man Zeit, sich etwas zu überlegen, beim Sprechen passiert es oft, dass es einfach rausrutscht. Dann erinnern wir uns gegenseitig daran, aber in einer liebevollen, respektvollen, achtsamen Weise. 

Knopp:   Inwiefern ist im Sprungbrett die Geschlechteridentität ein Thema –in den Modulen selbst? 

Jannach: Das zieht sich von Anfang bis Ende durch. Es beginnt beim Erstgespräch. Eine der ersten Fragen ist: Mit welchen Pronomen, mit welchem Namen willst du angesprochen werden? Unabhängig von dem, was im Pass steht. Das geht weiter in den Gruppen, das wir immer Pronomen Runden machen in den Vorstellrunden und dass das auch was Flexibles ist. Wenn sich eine Person am Anfang von der Teilnahme so bezeichnet, heißt das nicht, dass ich sie durchgängig so bezeichnen muss. Hier ist der Ort, wo man sich ausprobieren kann, wo man mal vielleicht auch einen Namen ausprobieren kann. Wie fühlt sich das an, wenn ich so angesprochen werde? Oder mit dem Pronomen: Wir versuchen hier Menschen, die zum Beispiel trans/inter/nicht binär sind und schlechte Erfahrungen gemacht haben in der Vergangenheit, dass sie hier den Ort haben, wo sie sich sicher ausprobieren können. 

Knopp:  Müsst ihr bei den Teilnehmerinnen auch sensibilisieren. Und ist das ein Grundverständnis schon da? 

Jannach: Die Sensibilisierungsarbeit gehört auf alle Fälle dazu. Wir haben Menschen mit unterschiedlichen Herkünften, mit unterschiedlichen Geschichten. Nicht alle haben das Wissen, aber wir sind da, um das zu begleiten, auch, dass Fragen immer erlaubt sind und diese auch beantwortet werden. Wir arbeiten als Gruppe gemeinsam an den Themen und begleiten das auch. 

Knopp:   Ist, dass dann auch ein Thema, dass man sich dann überlegt, wie man Bewerbungsschreiben schreibt, die verfassen ja oftmals die Projekte mit den Jugendlichen, wie man das dann am besten anspricht oder spricht man überhaupt an oder wie funktioniert das bei den Bewerbungsschreiben zum Beispiel mit den Jugendlichen zusammen? 

Jannach: Also das ist immer in Absprache mit den Jugendlichen, aber durch das, dass sie das so bei uns so geübt haben und gelernt haben, zu sich und ihrer Identität zu stehen, versuchen wir es schon durchgängig in den Bewerbungen zu schreiben, mit dem gewählten Namen, auch wenn es noch keine Personenstandsänderung gegeben hat. Prinzipiell bestärken wir sie darin, dass man das in den Bewerbungsschreibungen einfach durchzieht, weil sie mit diesen Dead-names oft gar nichts mehr anfangen können. 

Knopp:   Das ist der Geburtsname oder? 

Jannach: Ja, genau. Die Jugendlichen nennen es Dead-names. Der ist tot für sie der Name, der noch im Pass steht, aber vielleicht hat noch keine Personenstandsänderung stattgefunden. 

Knopp:  Das heißt, dann nimmt man dann den Namen, den man erwählt hat. Abe schreibt man dann rein das man non binär ist zum Beispiel oder lässt man das aus, dass ist mir noch nicht ganz klar. 

Jannach: Das wird ein ganz normales Bewerbungsschreiben. Beim Erstgespräch, also beim Vorstellungsgespräch könnte man dann sagen: Ich würde gerne mit dem und dem Pronomen angesprochen werden, was die Jugendlichen auch zum Teil wirklich auch sehr selbstbewusst machen. Wir bereiten sie aber auch vor, dass es in der Arbeitswelt verschiedenste Diskriminierungsformen gibt und, dass passieren kann, dass sie schlechte Erfahrungen machen. Und sie kommen ja schon oft mit schlechten Erfahrungen. Wir arbeiten mit ihnen und versuchen, das mit ihnen durchzugehen. Das kann passieren. Wie könntest du reagieren? Was ist dir wichtig, dass in dem Gespräch stattfindet? Wie sollten dich die Leute behandeln? 

Knopp:   Welche Erfahrungen haben die Jugendlichen da gemacht? 

Jannach: Wir haben halt im Sprungbrett diese Expertise, für trans, inter bzw. aufgrund vom Geschlecht benachteiligte Personen. Das sind am Arbeitsmarkt oft Frauen. Jugendliche kommen auch aus gewissen Kontexten, ob es jetzt der Schulbereich ist oder aus anderen Projekten. Entweder gibt es Unwissen oder die Leute wissen nicht wie umgehen damit. Da passieren viele Verletzungen, vielleicht Ausschlüsse. Zum Teil kommen sie sehr gefrustet zu uns und merken, dass sie hier so sein können, wie sie sind und dass man sie wieder versucht zu stärken in der Persönlichkeit.

Knopp:   Hast du das Gefühl, dass einfach sehr viel Unsicherheit auf der anderen Seite ist? 

Jannach: Ja, es hat mit Unsicherheiten zu tun und ich finde, die dürfen auch da sein. Nur ist es wichtig, drüber zu reden, es zu thematisieren. Und was ich allen Leuten auch immer wieder ans Herz lege, ist: Fragt nach. Aber was oft auch passiert ist, es kommen Menschen und man weiß gerade nicht, wie will die Person angesprochen werden oder wie gehe ich richtig um mit der Person? Jede Person ist anders, jede Person hat eine andere Geschichte und einfach nachfragen. Ich rate den Leuten immer: frag nach. 

Knopp:   Durch das Nachfragen entsteht ein Dialog und durchs Nachfragen kommt man auf Dinge drauf, ist Lin überzeugt. 

Jannach: Ah okay, du fühlst dich wohl mit dem? Das können wir locker umsetzen. Oder? Das war für dich unangenehm. Tut mir leid. Wie können wir es in Zukunft anders machen? Die Sprache macht ganz viel. Wir merken, dass Jugendliche oft mit großen Verletzungen kommen. Wenn eine Person oft misgendert wurde, ist das jedes Mal ein Stich, eine Verletzung. Wenn es nicht thematisiert wird, wenn man nicht drüber redet, passiert es weiter. Sprache bringt irgendwie Sicherheit für beide Seiten. 

Knopp:   Doch dazu muss man mal Vorurteile überwinden. 

Jannach: Jugendliche sind in den Teenagerjahren in ihre Findungsphase. Ganz oft wird das halt nicht ernst genommen - es ist ja nur eine Phase. In dieser Phase ist es immer wichtig, in irgendeiner Form ein unterstützendes Umfeld zu finden. In vielen Fällen ist es das zu Hause nicht. In manchen Fällen schon. Und dann? Also wenn wir mit den Jugendlichen arbeiten, versuchen wir immer im Umfeld gewisse „Allies“ zu finden. Wir sind definitiv Allies. Aber auch wenn sie dann in Strukturen reinkommen, dass man einfach sagt, man sucht sich zumindest eine Person, die zum Beispiel unterstützend dabei ist. Dass man nicht immer so allein kämpft und sich rechtfertigen muss. Das ermüdet.

Knopp:   Allies bedeutet sowohl wie Verbündete. Solche unterstützenden Menschen gilt es auch im Arbeitsleben zu finden. Dabei hilft das Sprungbrett.

Jannach: Also speziell bei Trans/Inter/non binären Menschen ist es wichtig, den Betrieb drauf vorzubereiten. Nicht einfach die Jugendlichen ins kalte Wasser zu werfen und zu sagen ja, geht dort hin oder so, sondern auch die Betriebe zu sensibilisieren. Um zu sagen, dass das wichtig ist, wie man mit den Jugendlichen umgeht und Betriebe findet, die auch wirklich offen sind für das. Wir versuchen bei den Praktika Orte zu finden, wo sich die Jugendlichen wohlfühlen können. Nicht, dass sie sofort wieder schlechte Erfahrungen machen. Es kann auch sehr viel auslösen. Für manche Jugendlichen ist es so belastend, dass sie sehr schnell wieder retraumatisiert sind. Wir versuchen sie trotzdem bestmöglich darauf vorzubereiten, sodass sie sagen können Nein, ich will hier nicht weiter. Und dann unterstützen wir sie dabei, wenn sie schlecht behandelt werden, dass man das abbricht. Wir wollen, dass man ihnen ein Handwerkszeug gibt. Wie kann man so in Situationen reagieren? Wie kannst du auf deine Grenzen schauen? Wie kannst du auf dich schauen? Wie kannst du auf dein Gefühl hören, dass da was nicht passt und wir sind immer unterstützend dabei. 

Knopp:   Für Führungskräfte hat Lin Jannach folgenden Ratschlag: 

Jannach:  bei Führungskräften ist es so, dass, wenn man nicht wirklich spezialisiert ist auf dieses Thema sehr starre Bilder im Kopf hat. Für alle Führungskräfte wäre wichtig zu sagen: Wie willst du angesprochen werden? Das sollte einfach immer mehr ins Zwischenmenschliche kommen. Es hat sich viel entwickelt. Aber ich finde gerade Führungspersonen sollten sehr vorsichtig sein. Auch wie man Emails schreibt, wie man anspricht, dass sich halt da niemand ausgeschlossen fühlt. 

Knopp:   Namenstechnisch hat sich beim Sprungbrett übrigens etwas verändert: 

Jannach:  Genau. Wir waren bis vor kurzem das Ausbildungsweg Sprungbrett Girls mit Stern. Damit wollten auch Trans Inklusivität demonstrieren. Aber im weiteren Prozess sind wir draufgekommen, dass das Girls überhaupt nicht passt für viele Menschen. Weil eine nicht binäre Person wird sich nicht unbedingt als weiblich definieren oder eine Transperson würde sich auch nicht mit dem Girls wohlfühlen. Deshalb heißen wir jetzt nur noch Ausbildungsfit Sprungbrett. Sprungbrett für sich, steht für feministische Arbeit. Ganz neu dürfen wir uns auch als trans/inter/nicht binär inklusiv, nach außen hin so präsentieren, was in dieser ganzen Landschaft immer mehr die Runde geht. Das heißt, immer mehr Leute rufen spezifisch bei uns an und sagen: Passt die Person zu euch? Weil ihr diesen besonderen Ort, Rahmen und Raum schafft, diesen Safe Space. 

Knopp:   Das Verständnis füreinander wird auch durch gemeinsame Aktivitäten erweitert. Dazu zählt auch ein gruppenübergreifender Wandertag am Kobenzl, der vor kurzem stattgefunden hat. Die Jugendlichen lernen sich auf andere Weise kennen. Was möchte Lin ihnen mitgeben? 

Jannach: Ich möchte den Jugendlichen mitgeben, dass sie das, was sie bei uns lernen und das ist viel mehr als dieses Handwerkliche oder Wissensvermittlung, dass sie das internalisieren und für später mitnehmen. Da geht es um Sachen wie: Wie habe ich gelernt, mich in eine Gruppe einzufügen? Wie kann ich respektvoll mit anderen umgehen? Egal woher die Person kommt, egal welches Geschlecht die Person hat. Wir sagen den Jugendlichen immer: Ihr werdet später mal auf ein Team kommen, das ziemlich wahrscheinlich divers sein wird. Wie kannst du dich in ein Team einfügen und gleichzeitig Respekt für die andere Person haben und immer auf dein Wohlbefinden und deine Grenzen schauen? Da geht es ganz viel um Wertschätzung der eigenen Bedürfnisse. Plus: Wie können wir gut miteinander ein liebevolles, wohlwollendes Miteinander gestalten? Das lernen Sie bei uns für später. 

 Knopp:   Informationen zum Sprungbrett und der Gleichbehandlungsanwaltschaft finden sich in den Shownotes. Wenn Ihnen diese Folge gefallen hat, empfehlen Sie uns bitte weiter. Unseren Podcast gibt es auf allen gängigen Podcastplattformen, wie Spotify, Apple Podcast und Google Podcast zu hören. Wir würden uns auch über eine gute Bewertung freuen. Auf ein baldiges Wiederhören freut sich Sandra Knopp.